Stiftungswald

Der Stiftungswald in Zeiten von Klimawandel, Käfer und Corona: „Wir leben von der Substanz“

·1 Min. Lesezeit

Zwei Jahre Trockenheit und Käferbefall haben dem Wald der Evangelischen Stiftung Pflege Schönau (ESPS) schwer zugesetzt; rund 1,5 Mio. Euro beträgt der wirtschaftliche Schaden bis heute. Auch die Hoffnung auf eine Entspannung der Lage im Jahr 2020 hat sich bislang zerschlagen. Die Folgen des Klimawandels bedrohen den Wald massiv.

Die ESPS bewirtschaftet insgesamt rund 7.500 Hektar Wald im Odenwald, Kraichgau und Schwarzwald. Sie ist die größte körperschaftliche Waldbesitzerin in Baden-Württemberg. Kopfzerbrechen bereitet Frank Philipp, Leiter der Forstabteilung, vor allem der milde Winter, gepaart mit der erneuten Trockenheit. „Die Bäume befinden sich zunehmend im Trocken- und Wärmestress und sind massiv geschwächt.

Aufgrund der milden Temperaturen haben viele Borkenkäfer den Winter problemlos überstanden und warten bei diesen Temperaturen nur darauf, auszufliegen und die nächsten Bäume zu befallen.“, erläutert er. Die befallenen Bäume müssen dann möglichst schnell geerntet und aus dem Wald gebracht werden, um eine weitere Ausbreitung des Borkenkäfers zu verhindern.

Nach Auskunft des Deutschen Wetterdienstes begann die Vegetationsperiode in diesem Jahr bereits Mitte März, fast zwei Wochen früher als im vieljährigen Mittel. Nahezu zeitgleich setzte eine sehr niederschlagsarme Witterung mit viel Sonnenschein ein. Vielerorts war der potentielle Wasserbedarf der Vegetation deutlich größer als die Wassermenge, die durch den Bodenwasserspeicher zur Verfügung gestellt werden konnte. Die Folge: Die oberen Bodenschichten sind ausgetrocknet. Viele junge Bäume, die letztes Jahr im Rahmen von Wiederaufforstungen gepflanzt wurden, sind bereits vertrocknet.

Erschwerend zu den Unmengen an Holz, die durch Trockenheit und Käferbefall anfallen, kommt die Coronakrise hinzu. Der Holzabsatz ist nahezu zum Erliegen gekommen. Die Nachfrage nach Bau- und Möbelholz oder nach Zellstoff für grafische Papiere ist extrem eingebrochen, einzig der Bedarf an Holz für die Herstellung von Hygienepapieren hat nicht gelitten. Ein weiterer Punkt ist der Wegfall des Holzexports, beispielsweise nach China, wo die Wirtschaft zwar wieder anläuft, die Lieferketten aber unterbrochen sind.

„Die wirtschaftliche Zukunft unseres Forstbetriebs ist ein großes Fragezeichen,“ sagt Philipp. Um die Schäden möglichst einzugrenzen, müsse die Stiftung derzeit massiv in die Ernte von geschädigten Bäumen investieren. Damit trete die Stiftung finanziell in Vorleistung. So treffe die zwangsweise Nutzung von Käferholz auf einen derzeit völlig übersättigten Markt. Eine denkbar ungünstige Situation. Die Erlöse des Forstbetriebs decken im Moment maximal die Kosten für die Aufarbeitung des Holzes. Investitionen in Wiederaufforstung, Wegunterhaltung oder die Personalkosten können davon nicht bestritten werden. „Wir leben von der Substanz.“, so Philipp weiter.

Mit Erlösen aus Vermietung und Verpachtung sowie der Bewirtschaftung von 7.500 Hektar Wald erzielt die Stiftung Erlöse, um ihren Stiftungszweck zu erfüllen: die Finanzierung kirchlichen Bauens und von Pfarrstellen im Bereich der Evangelischen Landeskirche in Baden. 2019 konnte der Forst aufgrund der aktuellen Situation dazu keinen Beitrag leisten. Wie sich diese Entwicklung mittel- und langfristig auf die Erlössituation der gesamten Stiftung auswirken wird, vermag im Moment niemand vorherzusagen. Die ESPS wird versuchen, die Mindereinnahmen im Forst in anderen Geschäftsbereichen zu kompensieren, um ihren Stiftungszweck auch in Zukunft zuverlässig erfüllen zu können.

Als kirchliche Stiftung bewirtschaftet die ESPS ihr Vermögen nachhaltig: Seit 1999 ist der Wald nach PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) zertifiziert, außerdem ist die Stiftung Partner der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Entsprechend hoch ist ihre Verantwortung, den Wald als Naherholungsraum der Region wie auch als Lebensraum für Flora und Fauna zu erhalten. Das bedeutet: Die Stiftung muss Lösungen finden, um den Wald nachhaltig resistenter gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu machen.

Der Fokus der ESPS liegt auf der Beantwortung der Frage, wie unter den sich verändernden Bedingungen eine nachhaltige Bewirtschaftung bei gleichzeitig stabiler Holzproduktion gelingen kann. So haben die Förster der ESPS bereits damit begonnen, den Baumbestand umzubauen. „Da vor allem die Fichte betroffen ist, bevorzugen wir klimatolerantere Baumarten wie Douglasie, Tanne, Eiche, versuchsweise auch Baumhasel. Die Fichte wird nach und nach reduziert.“, erläutert Philipp den geplanten Umbau.

Holzbauprojekt in Brühl auf der Zielgeraden

Weiterlesen

In Heiliggeist entsteht ein neuer Möglichkeitsraum für die Stadtgesellschaft

Weiterlesen

Kindergartenplätze, familien- und altersgerechtes Wohnen

Weiterlesen